Städtepartnerschaft zwischen Nordendorf und Biesles

Französische Kriegsgefangene in Nordendorf
Im Jahr 1940, nach dem Ende des Frankreichfeldzugs, wurden 14 französische Kriegsgefangene auf verschiedene Bauernhöfe in Nordendorf verteilt. Die Gemeinde hatte damals etwa 640 Einwohner und litt unter einem Mangel an männlichen Arbeitskräften in der Landwirtschaft. Daher wurden die Kriegsgefangenen gezwungen, ohne Lohn auf den Höfen zu arbeiten.

Begegnungen und Misstrauen
Die Kriegspropaganda hatte auf beiden Seiten Feindbilder geschaffen, die Misstrauen und Angst hervorriefen. Ein Beispiel ist der damals 15-jährige Anton Lunzner, der als Knecht auf einem Hof arbeitete. Er hatte große Angst, dass die Franzosen ihn oder andere Deutsche angreifen könnten. Doch diese Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht, und die Begegnungen blieben friedlich.


Das Leben der Kriegsgefangenen
Die drei Franzosen Pierre Bourcelot, André Lessertois und Marcel Guyot, die auf dem Anwesen Fuchsberger arbeiteten, stammten alle aus Biesles, der heutigen Partnergemeinde. 1942 wurden Lessertois und Guyot nach Augsburg verlegt, während Bourcelot bis zum Kriegsende in Nordendorf blieb. Die Gefangenen mussten nachts in der Kegelbahn übernachten, doch mit der Zeit wurden die Regeln lockerer.

Freundschaften entstehen
Mit der Zeit bauten sich das Misstrauen und die Angst ab. Deutsche und Franzosen trafen sich sonntags auf dem Anwesen von Ludwig Fuchsberger, um zusammen zu sitzen, zu trinken, zu singen und zu musizieren. Dabei lernten sie einige Wörter der jeweils anderen Sprache, was die Kommunikation erleichterte.

Das Leben nach dem Krieg
Nach dem Krieg blieb Pierre Bourcelot in Nordendorf beliebt. Die meisten deutschen Männer waren als Soldaten an der Front, daher wurden die Kriegsgefangenen dringend für verschiedene Arbeiten gebraucht. Dies führte zu einem wachsenden Vertrauen und freundschaftlichen Beziehungen. Am Kriegsende feierten die verbliebenen Gefangenen und Dorfbewohner ein Abschiedsfest.

Wiedersehen und Beginn der Partnerschaft
1965, 20 Jahre nach dem Krieg, kehrte Pierre Bourcelot nach Nordendorf zurück, um seinen ehemaligen "Arbeitgeber" und Freunde zu besuchen. Dies führte zu einem herzlichen Wiedersehen und einer Einladung nach Biesles. 1966 besuchten Anton Lunzner und seine Familie Biesles und wurden herzlich empfangen.

Aufbau der Partnerschaft
1969 und 1970 gab es weitere Besuche zwischen den Gemeinden. Eine Gruppe französischer Jugendlicher zeltete in Nordendorf, und 28 Nordendorfer Bürger besuchten Biesles. Diese Begegnungen führten zur Idee einer offiziellen Partnerschaft.

Offizielle Partnerschaft
Nach zwei Jahren Vorbereitung wurde 1973 die Partnerschaft offiziell. Am 15. Juli unterzeichneten die Bürgermeister Daniel Conversat und Anton Frey den Vertrag in Biesles, um die Beziehung zwischen den Gemeinden zu festigen und zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dies bildete die Grundlage für eine lange und freundschaftliche Verbindung zwischen Nordendorf und Biesles.



Der Verbrüderungsschwur

Wir,

Daniel Conversat, Bürgermeister von Biesles, France

und

Anton Frey, Bürgermeister von Nordendorf, Bundesrepublik Deutschland

Durch freie Wahlen unserer Mitbürger gewählt, in der Gewissheit den höchsten Bestrebungen und den echten Bedürfnissen der Bevölkerung zu entsprechen, im vollen Bewusstsein der Freundesbande, die im Laufe der Jahre zwischen den Einwohnern unserer Gemeinden geknüpft wurden, im Bewusstsein, dass die abendländische Kultur ihre Wiege in unseren alten Gemeinden hatte und dass der Geist der Freiheit zunächst in den „Freimachungsurkunden“ geschrieben stand, die sie sich erkämpft hatten, in Anbetracht der Notwendigkeit, das Werk der Geschichte in einer erweiterten Welt fortzusetzen, dass aber diese Welt nur wahrhaft menschlich ist, wenn Menschen frei in freien Städten leben können, verpflichten uns am heutigen Tage feierlich,

- unsere Anstrengungen zu verbinden, um zur europäischen Einheit beizutragen,
- die ständigen Bande zwischen den Stadtverwaltungen unserer Städte zu bewahren, auf allen Gebieten den Austausch ihrer Einwohner zu unterstützen und durch eine bessere gegenseitige Verständigung das wache Gefühl der europäischen Brüderlichkeit zu fördern.

Biesles, den 15. Juli 1973

Anton Frey und Daniel Conversat


 

Beim Gegenbesuch, ein Jahr später in Nordendorf, unterschrieben am 16. Juni die beiden Schulleiter Alain Monperrus und Eduard Reinbold zusammen mit den Bürgermeistern im Beisein des französischen Generalkonsuls und der Leiterin der Schulabteilung der Regierung Schwabens, Frau Rist, ebenfalls in einem offiziellen Festakt den Partnerschaftsvertrag zwischen den beiden Schulen:



Partnerschaft der Schulen Biesles und Nordendorf

Im Verbrüderungsschwur vom 15. Juli 1973 anerkennen die Gemeinden Biesles und Nordendorf die Notwendigkeit, die Geschichte in einer erweiterten Welt und in Freiheit fortzusetzen.

Dieser Auftrag kann nur dann dauerhaft erfüllt werden, wenn auch unsere Jugend in der Verbrüderung eine ständige Aufgabe sieht. Wir, die Unterzeichner, als Vertreter der Gemeinden und Schulen von Biesles und Nordendorf verpflichten uns heute, in gemeinsamer Arbeit die heranwachsenden Generationen zu freien Menschen zu erziehen, die in gegenseitigem Verständnis und in offener Begegnung die Zukunft formen und bewährtes Altes mit neuen Ideen und Impulsen verbinden.

Nordendorf, den 16. Juni 1974

Alain Monperrus, Eduard Reinbold, Daniel Conversat und Anton Frey



Geschrieben und übersetzt von Eduard Reinbold im Februar 2003 nach der Erzählung von Anton Lunzner. Der Inhalt dieses Texts wurde 2024 unter Zuhilfenahme eines Künstlichen Intelligenz-Werkzeugs überarbeitet. Der originale Text ist hier zu finden.